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Das 9-Euro-Ticket: Wichtiger Wegbereiter für die Verkehrswende

VGI
VGI-Flexi in Beilgries/ © Teresa Gehling

Das 9-Euro-Ticket zeigt, dass das öffentliche Nahvekehrsangebot wahrgenommen und gerne genutzt wird. Im Juni, Juli und August diesen Jahres können Inhaberinnen und Inhaber der Fahrkarte in allen Zügen und Bussen des öffentlichen Nahverkehrs in ganz Deutschland fahren. Das Interesse ist riesig – allein im ersten Monat wurde das Ticket 21 Millionen Mal verkauft.

Auch für On-Demand-Verkehre ist das 9-Euro-Ticket eine Chance, Kunden an die neuen Mobilitätsangebote heranzuführen. Der VGI-Flexi in Beilngries bei Ingolstadt ist zeitgleich zum 9-Euro-Ticket an den Start gegangen und verzeichnet seither eine konstant hohe Nachfrage – in den ersten beiden Monaten sind nicht selten bis zu 150 Nutzerinnen und Nutzer pro Tag mit dem neuen On-Demand-Angebot gefahren. Das sind etwa dreimal so viele Gäste wie erwartet.

Wie stark die Fahrgastzahlen mit dem 9-Euro-Ticket in Verbindung stehen, wird sich im September zeigen, wenn das Angebot ausläuft. Fest steht, dass Menschen den ÖPNV als echte Alternative zum privaten Pkw wahrnehmen – sofern er vorhanden ist.

Nachbesserungsbedarf des ÖPNV in ländlichen Regionen

In einigen ländlichen Gebieten Deutschlands ist der Bus- und Bahnverkehr zu schlecht ausgebaut, um als verlässliche Alternative wahrgenommen zu werden. Solange hier nicht nachgebessert wird, ist das 9-Euro-Ticket trozt des attraktiven Preises keine Entlastung für Autofahrer und Pendler

Rund 55 Millionen Menschen in Deutschland sind nur unzureichend mit ÖPNV-Angeboten versorgt und sehen häufig keine Alternative zum eigenen Auto. On-Demand-Verkehre können in Gebieten, in denen die Nachfrage für einen festen Linienverkehr zu gering ist, eine wichtige Stütze sein, um die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen. Beispielsweise können an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Zeiten Minibusse eingesetzt werden, die Menschen einige Kilometer zum nächsten Bahnhof oder zur nächsten Haltestelle befördern. Im Zusammenhang mit einem vergünstigten Ticket kann dies ein echter Gamechanger für Menschen in strukturschwächeren Gebieten sein.

ÖPNV endlich stärker im Fokus der Öffentlichkeit

Egal in welcher Form das 9-Euro-Ticket fortgesetzt wird, dass es als Anstoß zum Diskurs gewirkt hat, ist unbestritten. Menschen sind bereit, das Verkehrsmittel zu wechseln, das ist eine gute Nachricht. Auch soll sich etwas an den bisher geltenden Tarifzonen in Deutschland ändern, was die Nutzung von Bus und Bahn deutlich vereinfachen würde. Das 9-Euro-Ticket mag vielleicht nicht die Wunderwaffe sein, die allen Menschen sofort gleichermaßen ein attraktives ÖPNV-Angebot beschert, allerdings setzt es ein wichtiges Zeichen: das System kann sich verändern.

Diese Tatkraft sollte nun mitgenommen werden, wenn es darum geht, das Angebot weiter zu denken. Wo können Menschen nicht von dem vergünstigten Ticket profitieren? Wie kann der öffentliche Verkehr abseits fester Bus- und Bahnlinien aussehen? Wie kann eine gerechte Finanzierung aussehen?

Auswirkungen vom ÖPNV auf die Umwelt

Wer sich das Autofahren leisten kann, braucht andere Anreize als steigende Spritpreise, um darauf zu verzichten. Aufklärung über die positive Wirkung von öffentlichen Verkehrssystemen auf die Umwelt könnte zumindest auf einer moralischen Ebene bewirken, dass sich Vielfahrer zweimal überlegen, ob sie zum Autoschlüssel greifen sollen.

Eine Analyse vom Verkehrsdatenspezialisten Tomtom fand heraus, dass es seit Juni in 23 von 26 untersuchten Städten deutlich weniger Staus gab. Auch lassen sich die positiven Effekte des 9-Euro-Tickets anhand der Luftqualität erkennen. Der Luftqualitätsindex des Umweltbundesamtes (UBA) zeige seit Einführung des Angebots gute bis sehr gute Werte.

Dass das Ticket nicht nur eine Entlastung für den Geldbeutel, sondern auch für die CO2-Bilanz von Städten sinnvoll ist, muss in den kommenden Monaten durch weitere Erhebungen gezeigt werden. Die drei Monate Laufzeit sind für eine aussagekräftige Studie kaum ausreichend. Leider erteilte Bundesfinanzminister Lindner der Weiterführung des 9-Euro-Tickets eine klare Abfuhr: Genau wie der Tankrabatt solle auch das 9-Euro-Ticket eine befristete Maßnahme bleiben.

Diese sehr kurz gedachte Haltung ist bedauerlich und würde die gewonnen Erkenntnisse der letzten Wochen verpuffen lassen. Wünschenswert hingegen wäre eine durchdachte Weiterentwicklung des Tickets, die begleitet wird von einem umfangreichen Ausbau der Infrastruktur. Das Ticket ist ein gelungener Anfang, wird allerdings ohne die anderen erforderlichen Maßnahmen keinen langfristigen Erfolg bringen.

 

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