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Teresa Gehling

[Forum] Warum ist der Bus ein so unbeliebtes Verkehrsmittel?

Mobilität

Der Bus hat nicht den Stellenwert, den er eigentlich verdient. Für sein schlechtes Image sind mehrere Akteure mitverantwortlich. Jedoch kann er mit den richtigen Maßnahmen zu einem zentralen Baustein für die Zukunft einer verantwortungsvollen Mobilität werden.  Aber warum ist der Bus bei vielen Menschen so unbeliebt? Ist es überhaupt möglich, eine Busfahrt einer Tesla-Fahrt vorzuziehen?

Zwei Verkehrsmittel haben dagegen ein echtes Vorzeigeimage: die Bahn und das Fahrrad. Sie sind schadstofffrei bzw. schadstoffarm, benötigen wenig Platz, eignen sich für eine Vielzahl von Strecken und sind nachhaltig. Die Frage nach ihrem Nutzen stellt sich nicht mehr. Doch neben Bahn und Fahrrad bleiben immer noch zu viele Strecken ohne privates Auto fast unmöglich.

Für gewisse Bevölkerungsgruppen (Kinder, ältere Menschen, Personen mit eingeschränkter Mobilität) und unter bestimmten Bedingungen (Wetter, schwer zu transportierende Gegenstände) verschärft sich die Situation. In diesen Bereichen soll der Bus, ob fahrplanmäßig oder auf Abruf, den Platz des privaten PKWs einnehmen.
Allerdings sind die Erfahrungen mit den eigenen Transportmöglichkeiten sehr unterschiedlich. Je nachdem, ob man im Zentrum des U-Bahn-Netzes wohnt, leichten Zugang zu Elektrorollern und Fahrdiensten hat oder in einer dünn besiedelten Gegend wohnt, in der sich das Mobilitätsangebot auf einen Bus beschränkt, der alle halbe Stunde vorbeifährt. Das Leben ohne Auto außerhalb eines Stadtzentrums ist heutzutage ist kaum vorstellbar.

Optimal eingesetzt, ist der Bus ökologisch und ökonomisch effizienter. Die Auswirkungen von intelligenten Buslinien sind somit von großer Bedeutung für die Allgemeinheit. Um seinen berechtigten Platz einzunehmen, muss der Bus sein Image neu erfinden, wie andere Verkehrsmittel vor ihm auch.

„Wer nach dem 30. Lebensjahr in einem Bus gesehen wird, hat im Leben versagt.“

Dieses Zitat, das Margaret Thatcher zugeschrieben wird, ist zweifelhaft. Es stammt ursprünglich von Brian Christian de Claiborne Howard, einem englischen Schriftsteller aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts und bringt in wenigen Worten das miserable Image des Busses in unserer Gesellschaft auf den Punkt.Der Bus hat das Ansehen eines Transportmittels für Bürger zweiter Klasse. Der Bus ist unmodern, unzuverlässig, und, seien wir ehrlich, er stinkt oft.

Auch nach jahrelanger Aufklärung über die Nachteile des Autoverkehrs, hat der private PKW immer noch ein positiveres Image als der Bus. Laut Eurostat ist der Verkehrsanteil der Busse in der EU zwischen 2005 und 2017 um 9,6 % gesunken. Während der Anteil der PKWs konstant blieb (+0,3 %) und der der Bahn sogar um 11,5 % anstieg.

Das Ansehen der Verkehrsmittel verändert sich

Andere Verkehrsmittel haben es geschafft, ihr Image neu zu erfinden. Dies gilt beispielsweise für den Fernzug: Von einem unbequemen, langsamen und unattraktiven Verkehrsmittel ist er zu einem modernen, zeitgemäßen Fortbewegungsmittel geworden, das vielen Menschen ein erstklassiges Erlebnis zu einem erschwinglichen Preis bietet, mit direkter Anbindung an die Innenstädte. Der Zug ist so begehrenswerter geworden als das Flugzeug.

Auch das Taxi hat sich vor nicht allzu langer Zeit komplett neu erfunden. Durch die Nutzung moderner digitaler Plattformen, wurde das Nutzererlebnis in Bezug auf PKW-Fahrservices revolutioniert . Die (oft eingebildete) mangelnde Freundlichkeit der Fahrer, die Schwierigkeit, einen solchen zu finden, die Unsicherheiten bei der Bezahlung sind verschwunden und das Taxi ist zu einem erstklassigen Transportmittel geworden, während es gleichzeitig demokratischer geworden ist.

„Der Bus muss das iPhone unter den Verkehrsmittel werden“

Die Beispiele sind zahlreich. Selbst der Motorroller ist cool geworden. Auf der anderen Seite des Spektrums haben das Flugzeug oder motorisierte Zweiräder, alte Glanzsymbole, einen Imageverlust erlitten. Entweder wegen mangelnder Benutzerfreundlichkeit, oder aufgrund eines Mentalitätswandels.

Was wäre, wenn wir noch einmal von vorne beginnen müssten?

Der Bus mag in den Augen eines Ökonomen ein sehr kleiner Markt sein, aber er ist sehr wichtig für die Gesellschaft. Die Reparatur des Bussystems kostet zudem viel weniger als die Reparatur der Bahn.
Nach dem Vorbild anderer erfolgreicher Verkehrsmittel, muss der Bus es schaffen, attraktiv zu werden, so wie etwa der französische TGV (Hochgeschwindigkeitszug), der ein Symbol technologischer Spitzenleistung ist.

Wenn es um das Ansehen geht, muss es mit dem im wahrsten Sinne des Wortes „Visuellen“ beginnen. Niemand möchte in ein Fahrzeug einsteigen, das voll von Werbung ist.

Bus de ville

Auch die Fahrzeugbeschriftung sollte weniger für den Aufgabenträger, das Rathaus oder die Leitstelle werben, deren Logos und Farben meist sehr aufdringlich an den Wänden der Fahrzeuge prangen. Private Shared-Mobility-Dienste, wie Firmen- oder Flughafenshuttles, präsentieren sich mit Fahrzeugen, die wie Oberklasselimousinen aussehen. Für die Gestaltung der Zugsitze sind renommierte Designer verantwortlich. Warum also nicht auch für Bussitze? Einige Ballungsräume bemühen sich um eine Imageverbesserung ihrer Verkehrsmittel, aber es gibt zu wenig davon.

Warum nicht für Busse werben, statt auf Bussen zu werben? Öffentliche Dienstleistungen sind nicht zu infantiler und veralteter Kommunikation verdammt: In Frankreich hat es beispielsweise die Armee geschafft, eine moderne und auffällige Kommunikation anzubieten.

„Zeitersparnis und Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“

Schlussendlich ist das Benutzererlebnis der Schlüssel, um den Bus in eine verantwortungsvolle Mobilität zu verwandeln. Nicht nur durch das Hinzufügen von technischen Spielereien und USB-Steckdosen. Es ist nicht mehr möglich, öffentliche Verkehrsmittel anzubieten, die nicht auf die genaue Ankunftszeit hinweisen. Die weder einen Sitzplatz garantieren, noch Gepäckstücke mitnehmen oder nicht mehr als 3 Kinderwagen gleichzeitig unterbringen können.
Sogar die NYC-U-Bahn, die einst als dreckig und überteuert wahrgenommen wurde, hat dank eines Teams motivierter Ingenieure wieder ein positives Image erlangt.

Seine Abhängigkeit vom Verkehr gibt dem Bus zudem das Image eines langsamen Transportmittels. Auch diese Sichtweise muss korrigiert werden. Der Bus Rapid Transit (BRT) ist eine radikalere und vor allem effizientere Lösung als reservierte Fahrspuren. Die Abschaffung des Fahrkartenverkaufs an Bord spart ebenfalls Zeit und verbessert die Geschwindigkeit.

Shared Transport ist auf dem Vormarsch. Zwischen 2002 und 2017 hat der öffentliche Verkehr in Frankreich um 24 % zugenommen, verglichen mit 4 % für den privaten PKW. Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln hat die Bahn mit einem Zuwachs von mehr als 28 % den größten Anteil, verglichen mit 19 % für Busse und 12 % für den Flugverkehr. Um weiter voranzukommen, sind aber noch weitere Verbesserungen notwendig.

Die Last dieser Verbesserungen obliegt einer Vielzahl von Akteuren: Herstellern, Verkehrsbehörden und lokalen Behörden. Um den privaten PKW oder das Taxi zu ersetzen, sollte dem Bus überall Vorrang eingeräumt werden, damit er Zeit spart, die er für eine bessere Betreuung der Nutzer aufwenden kann.

Nur so kann der Bus attraktiv werden und seine Versprechen hinsichtlich ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Wirkung für möglichst viele Menschen einlösen. Er verdient es.

 

Thibault Lécuyer-Weber – Chief Marketing Officer, Padam Mobility

 

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Mobility as a Service in Helsinki, Der Wegbereiter Einer Neuen Urbanen Mobilität

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Mobility as a Service (MaaS) in Helsinki, Der Wegbereiter Einer Neuen Urbanen Mobilität

Eine einzige App und ein einheitlicher Tarif, der Zugang zu allen in der Stadt verfügbaren Verkehrsmitteln gewährt: So will Helsinki, Pionier von Mobility as a Service (MaaS), den städtischen Verkehr revolutionieren.

Seit zwei Jahren ist die Fortbewegung in der Stadt Helsinki so einfach wie ein Mausklick. In der App „Whim“, können Einheimische und Besucher ihre Route eintippen und bekommen die für ihre Bedürfnisse und Vorlieben am besten geeignete Kombination von Verkehrsmitteln angeboten. Dieselbe App ermöglicht es ihnen auch, ihre Fahrt entweder einzeln oder über verschiedene Abo-Pakete zu bezahlen.

Dies ist das Prinzip von MaaS, Mobility as a Service, das Nutzern dabei hilft, vor allem nach der effektivsten Art der Fortbewegung zu suchen, unabhängig von den verwendeten Verkehrsmitteln. Der Nutzer wählt einfach eine der von der App vorgeschlagenen Routen aus und zahlt den entsprechenden Preis, inklusive der Nutzung aller dafür notwendigen Verkehrsmittel (neben den verschiedenen öffentlichen Verkehrsmittel auch Taxis, Mietwagen oder sogar Leihfahrräder). Es geht nicht mehr um die Wahl zwischen Individualverkehr, öffentlichem Verkehr, On-Demand-Verkehr, aktiver oder geteilter Mobilität: Die App bietet alles, sofort.

EIN ZIEL: DAS INDIVIDUELLE AUTO ABSCHAFFEN

„Nachdem sich der Nutzer an die Vorgaben der verschiedenen Verkehrsbetriebe anpassen musste, steht der Verkehr jetzt im Dienste des Nutzers.“
Ein Betreiber, ein Fahrschein, eine per Smartphone gebuchte und bezahlte Strecke: Wir messen den Erfolg für den Nutzer in Bezug auf Zeitersparnis, Flexibilität und Komfort. Auch für die öffentlichen Behörden revolutioniert diese neue Art, über Mobilität nachzudenken, die Verkehrspolitik. Die Stadt Helsinki mit ihren 1,5 Millionen Einwohnern stand vor dem gleichen Problem wie die meisten europäischen Hauptstädte: ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum und ein zu hoher Anteil an Menschen, die ihr eigenes Auto nutzen. Es bestand die dringende Notwendigkeit, die Verkehrsüberlastung und die daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen, insbesondere durch Umweltverschmutzung, einzudämmen. Vor diesem Hintergrund hat die finnische Metropole einen ehrgeizigen Plan für 2025 in Angriff genommen und sich dabei ein innovatives Ökosystem zunutze gemacht. MaaS Global, das Start-up-Unternehmen, das die Whim-App entwickelt, stammt selbst aus Helsinki. Es stellte seine Lösung zunächst in der finnischen Hauptstadt vor, bevor es sie erfolgreich auch in anderen europäischen Ländern einführte, vor allem in Antwerpen und Birmingham.

MAAS IN HELSINKI: DIE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE ENTSTEHUNG DER NEUEN SERVICES

Die Stadt Helsinki hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Einwohner dazu zu animieren, ganz auf ihr individuelles Auto zu verzichten. In einer Gesellschaft, die durch die Nutzung (und den Besitz) des Autos geprägt ist, wird der Wandel tiefgreifend zu sein. In Helsinki ist die ganze urbane Verkehrsbranche gezwungen, ihre Praktiken zu überdenken. Damit eine einzige Plattform alle Fahrpläne und Fahrten der verschiedenen Verkehrsbetriebe integrieren kann, muss deren Zusammenarbeit umfassend sein. Dies beinhaltet unter anderem die Offenlegung ihrer Daten. Diese Umstellung der Verkehrsunternehmen auf offene Daten ist eine Forderung der finnischen Gesetzgebung, die das Entstehen privater Akteure wie MaaS Global ermöglicht hat.

 

MAAS in Helsinki

MAAS, EIN WESENTLICHES ELEMENT DER SMART CITY

„Während Helsinki auf dem Gebiet ein Vorreiter ist, entstehen Märkte für diese neue Form der Mobilität, die sehr begehrt sind.“

Die Aufhebung oder zumindest Verringerung der Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Verkehrsbetreibern ist ein wesentliches Merkmal von Mobility as a Service. Plattformen wie Whim agieren als Vermittler, die Transportleistungen von mehreren Betreibern einkaufen, diese an ihre Kunden weiterverkaufen und dabei eine Provision kassieren.
Die angebotenen Tarife sind vielfältig: Einzeltarife, Wochenend-, Wochen- oder Monatsabonnements und, als umfassendster Service, das Monatsabonnement, das unbegrenzten Zugang zu allen Verkehrsmitteln, einschließlich Taxi oder Mietwagen, bietet.

In Helsinki ist dieses unbegrenzte Abonnement für 499 Euro erhältlich. Diesem scheinbar hohen Preis stellt das Start-Up entgegen: „Die App gibt Ihnen alle Vorteile eines Autos, aber ohne die Nachteile des Besitzens, und das zu einem günstigeren Preis als die monatlichen Kosten eines Autos.“

Die Gewinnung und Bindung eines loyalen Kundenkreises unter den Einwohnern Helsinkis ist eine Herausforderung für MaaS Global, das in einigen Jahren ein finanzielles Gleichgewicht erreichen will. In einem weitgehend deregulierten Sektor sind Wettbewerber aufgetaucht, die ihre eigene Mobility-as-a-Service-App anbieten.

Ähnlich wie auf dem Mobiltelefonmarkt ist mit einer Vielzahl von Betreibern zu rechnen, die um Dienste und Preise konkurrieren, um die Helsinkier anzusprechen. Anderswo, wie in Frankreich mit der SNCF, sind auch „traditionelle“ Betreiber an diesem aufstrebenden Markt interessiert.

Aber momentan ist Helsinki der Ort, an dem die Mobilität der Zukunft entsteht: Flexibel und unmittelbar, basierend auf künstlicher Intelligenz und offenen Daten, ist Mobility as a Service nun ein wichtiger Bestandteil der Smart City.

 

 

 

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